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Die Qualifizierung von Reinräumen
Ziel der Qualifizierung eines Reinraums ist der Nachweis, dass die normativen und benutzerspezifischen Anforderungen entsprechend geplant, gebaut und in Betrieb genommen wurde.
Dabei gibt es zwei Möglichkeiten. Die erste ist eine prospektive Qualifizierung. Und wird parallel zur Planung, Realisierung und Abnahme durchgeführt.
Die zweite Möglichkeit ist die retrospektive Qualifizierung. Diese wird bei Reinräumen angewendet die bisher nicht qualifiziert waren aber schon in Betrieb sind. Die Dokumentation der Reinraum Anlage wird aktualisiert um den Nachweis zu erbringen, dass die geforderten Spezifikationen erfüllt werden. Eine Risikoanalyse ist dafür sehr nützlich. Mögliche kritische Punkte und Problemstellungen können so eingegrenzt werden. Häufig werden zur retrospektiven Qualifizierung von Reinraumtechnischen Anlagen bereits vorhandene Daten wie Herstellungsprotokolle oder messtechnische Aufzeichnungen verwendet. Für beide Qualifizierungsarten, prospektiv und retrospektiv, ist der erste Schritt immer die Erstellung eines Qualifizierungsmasterplans.
Die Designqualifizierung (DQ)
Nach dem QMP als Basisdokument ist die Designqualifizierung (DQ) der erste Schritt der Prüfung, ob die Reinraumtechnische Anlage dem EU-GMP-Leitfaden entspricht. Zum Prüfumfang der DQ gehören die Reinraumhülle (Wand, Decke, Boden mit jeweiligen Einbauten), die Lüftungsanlage und Kanäle mit Einbauten, die Steuer- und Regelungstechnik der Lüftungsanlage sowie alle im QMP definierten zu qualifizierenden Systeme. Neben den GMP-Anforderungen wird in der DQ auch geprüft, ob die Anlage weiteren Normen wie der EN ISO 14644 und der VDI 2083 sowie den Kundenspezifikationen (User Requirement Specifications - URS) entsprechen. Alle daraus resultierenden Anforderungen sollten im Zuge des DQ-Plans in einer Prüfliste zusammengefasst werden.
Anhand dieser Liste werden die Planungsunterlagen geprüft.
Weiterer Bestandteil der DQ ist eine Risikoanalyse, in der das komplette System auf mögliche Fehler oder Schwachstellen hin betrachtet wird. Mit der Abarbeitung der Prüfliste und der Bewertung der Anlage durch die Risikoanalyse wird im DQ-Bericht eindeutig Stellung zur geplanten Anlage genommen. Die frühzeitige Prüfung der Planungsunterlagen durch die DQ hilft, Mängel in der Planung zu erkennen.
Würden Planungsmängel erst in späteren Projektphasen wie bei Baubeginn, Inbetriebnahme oder Abnahme erkannt, würde ihre Behebung wesentlich mehr Ressourcen und Kosten in Anspruch nehmen.
Die Installationsqualifizierung (IQ)
Mit der Installationsqualifizierung (IQ) wird sichergestellt und dokumentiert, dass die Anlage so installiert wurde, wie es die normativen und benutzerspezifischen Anforderungen verlangen. Die IQ wird nach Aufbau der Anlage durchgeführt, meist nach der technischen Abnahme. Im ersten Schritt wird die vom Lieferanten erstellte Bestandsdokumentation mit der in der DQ geprüften Planungsdokumentation verglichen. Diese Prüfung zeigt ob die installierte Reinraum Anlage laut Planung und Anforderungen gebaut wurde. Des Weiteren wird in diesem Schritt die Bestandsdokumentation auf Vollständigkeit und Fehlerfreiheit überprüft. Als zweiter Schritt ob die Anlage selbst entsprechend der Bestandsdokumentation gebaut wurde und die Ausführung dem EU-GMP-Leitfaden entspricht. Um festgestellte Abweichungen zu beurteilen, ist eine Risikoanalyse hilfreich.
Anforderungen an Produktionsräume, die bei der IQ geprüft werden, sind zum Beispiel:
- Innen liegende Oberflächen sollten glatt, frei von Rissen, Beschädigungen und offenen Fugen sein.
- Oberflächen sollten keine Partikel emittieren, leicht zu reinigen und zu desinfizieren sowie beständig gegen Reinigungs- und Desinfektionsmittel sein.
- Das Lüftungssystem sollte das Produkt und die Prozesse nicht negativ beeinflussen.
- Das Lüftungssystem sollte keine Partikel erzeugen, die Partikelkonzentration wirksam verdünnen, beziehungsweise die Partikel verdrängen.
Die Funktionsqualifizierung (OQ)
Die Funktionsqualifizierung (OQ) soll dokumentieren, dass die Anlage und ihre Bestandteile im Rahmen der vorgesehenen Betriebsbereiche den Erwartungen gemäß funktionieren.
Im OQ-Plan sollten Prüflisten für die Funktionsprüfung erstellt sein. Prüfpunkte sind zum Beispiel Funktions- und Sicherheitsprüfungen der Lüftungsanlage und im Reinraum (zum Beispiel der Schleusensteuerung und Zugangskontrollen) sowie messtechnische Funktionsprüfungen im Zustand „at rest".
Für die messtechnischen Prüfungen definiert der EU-GMP-Leitfaden die zwei Zustände „at rest" (Ruhezustand) und „in operation" (Betriebszustand). Der Zustand „at rest" ist „der Zustand, in dem die Produktionsausrüstung installiert und ohne Anwesenheit des Bedienpersonals in Betrieb ist". Demgegenüber bedeutet „in operation" den Zustand, „in dem die Anlage in der vorhergesehenen Art mit der festgelegten Personenzahl betrieben wird".
Für die Messung zur Klassifizierung der Luftreinheit macht der EU-GMP-Leitfaden gemäß der jeweiligen Reinraumklasse A bis D spezifische Vorgaben.
Bei den messtechnischen Prüfungen soll „nur geschultes Personal eingesetzt" und es dürfen nur kalibrierte Messsysteme verwendet werden. Wie in den vorherigen Qualifizierungsphasen kann es auch in der OQ nötig sein, mögliche Abweichungen und Mängel in eine Risikoanalyse zu bewerten.
Die Leistungsqualifizierung (PQ)
Bei der Leistungsqualifizierung (PQ) verifiziert der Anwender, ob die Anlage und ihre Teile, „so wie sie miteinander verbunden wurden, auf der Grundlage der genehmigten Prozessmethode und Produktspezifikation effektiv und reproduzierbar funktionieren".
Verlangt werden Tests mit Produktionsmaterialien, geeigneten Ersatzmaterialien oder simulierten Produkten. Die PQ einer Reinraumtechnischen Anlage beschränkt sich in der Regel auf die Messungen im Zustand „in operation". Dabei wird überprüft, ob die Anlage auch unter Volllast, also mit der vorgesehenen Anzahl an Personal und bei laufenden Produktionsanlagen, die spezifizierten Parameter einhält.
Neben den Partikel Messungen müssen auch mikrobiologische Nachweismessungen erfolgen. Die Ergebnisse der PQ werden wie bei allen vorherigen Qualifizierungsphasen in einem Bericht festgehalten. Erst nach einer erfolgreichen Leistungsqualifizierung der Reinraumtechnischen Anlage kann mit der Prozessvalidierung begonnen werden.
Der Qualifizierungsabschlussbericht
Sind über die Qualifizierungsphasen hinweg alle definierten Maßnahmen erledigt, kann der Anwender die Qualifizierung der Reinraumtechnischen Anlage mit einem Qualifizierungsabschlussbericht abschließen. Darin fasst er die Ergebnisse aller Qualifizierungsphasen (DQ, IQ, OQ, PQ) zusammen. Alle Änderungen (Change Control) werden kurz begründet. Kritische Mängel müssen vor Freigabe des Qualifizierungsabschlussberichts behoben sein, unkritische Mängel können später abgearbeitet werden.
Der Betrieb hat jedoch darauf zu achten, dass die Mängelbeseitigung auch nach der Freigabe fortgeführt wird. Auch sollte der Qualifizierungsabschlussbericht einen Dokumentennachweis mit allen während der Qualifizierung erstellten Dokumenten beinhalten und den Qualifizierungsstatus der Reinraumtechnischen Anlage eindeutig kennzeichnen.